Besuch der Landtagsgrünen im Steigerwald: Am 26.05.23 stellen sie bei einem Presserundgang durch den Handthalgrund bei Ebrach ein Gutachten vor, dass die Forderungen nach einem Nationalpark unterstreichen. Mit dabei beim Presse-Rundgang, v.l.n.r: Patrick Friedl, MdL (Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung der Grünen im Bayerischen Landtag), Prof. Hans D. Knapp (international renommierter Nationalpark-Experte), Ludwig Hartmann, MdL (Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag) und Paul Knoblach, MdL (Sprecher für Weinbau, Sonderkulturen und Tierwohl der Grünen im Bayerischen Landtag). Foto: Patty Varasano

Besuch der Landtagsgrünen im Steigerwald: Am 26.05.23 stellen sie bei einem Presserundgang durch den Handthalgrund bei Ebrach ein Gutachten vor, dass die Forderungen nach einem Nationalpark unterstreichen. Mit dabei beim Presse-Rundgang, v.l.n.r: Patrick Friedl, MdL (Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung der Grünen im Bayerischen Landtag), Prof. Hans D. Knapp (international renommierter Nationalpark-Experte), Ludwig Hartmann, MdL (Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bayerischen Landtag) und Paul Knoblach, MdL (Sprecher für Weinbau, Sonderkulturen und Tierwohl der Grünen im Bayerischen Landtag). Foto: Patty Varasano

Nationalpark Steigerwald ist überfällig

Von Landtagsgrünen präsentiertes neues Gutachten sieht klare wirtschaftliche Vorteile für die Region

Für einen Nationalpark im Steigerwald kämpfen die Grünen schon seit 2008.  Die Forderung steht jetzt auch im Regierungsprogramm von Bündnis 90/Die Grünen für die Landtagswahlen im Oktober. Es wurde auf dem Parteitag Ende Mai in Erlangen verabschiedet. Untermauert wird die Notwendigkeit nach einem Nationalpark zum Schutz des alten Buchenwalds im nördlichen Steigerwald jetzt durch ein neues, 300 Seiten starkes Gutachten aus der Feder des Geobotanikers und Landschaftsökologen Hans D. Knapp.

Im Handthalgrund bei Ebrach präsentierten jetzt Professor Knapp, der Fraktionsvorsitzende der Landtags-Grünen Ludwig Hartmann und die beiden unterfränkischen Abgeordneten Patrick Friedl (Würzburg) und Paul Knoblach (Schweinfurt) das Gutachten und ihre grünen Argumente pro Nationalpark.

Für Buchenwald-Fachmann Knapp würde ein Nationalpark im Steigerwald die alpinen Ökosysteme im Nationalpark Berchtesgaden (seit 1978) und die Bergmischwälder im Nationalpark Bayerischer Wald (seit 1970) in idealer Weise ergänzen. Er würde eine Lücke im Verbund deutscher Waldnationalparke schließen und zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen beitragen. Außerdem würde ein Nationalpark „die Region als grünes Herz von Franken aufwerten, Synergien mit dem Naturpark Steigerwald generieren und Impulse für nachhaltige sozio-ökonomische Entwicklung insbesondere im Tourismus setzen. Außerdem würde die regionale Identität und das Heimatbewusstsein gestärkt.

Ludwig Hartmann sieht einen Nationalpark Steigerwald als Tourismusmagnet mit bedeutende Vorteilen für die Menschen vor Ort mit. „Die Söder-Regierung sollte den Fränkinnen und Franken endlich auch einen Nationalpark zugestehen und damit den dritten bayerischen Nationalpark im Steigerwald einrichten,“ sagte er. Patrick Friedl, der auch Sprecher für Naturschutz und Klimaanpassung der Landtags-Grünen ist, nannte den Steigerwald „einzigartig für Bayern als großflächiger, kaum zerschnittener Buchenmischwald“. Er sei schon heute ein echter Zukunftswald im Klimawandel.

„Deshalb brauchen wir den dritten bayerischen Nationalpark im Steigerwald, den die große Mehrheit der Menschen aus dem fränkischen Raum auch will“, konstatierte der Schweinfurter grüne MdL Knoblach. Immer wieder höre er auf Terminen im Schweinfurter Raum und in den Haßbergen diesen Wunsch bei gleichzeitigem Unverständnis für die Blockadehaltung der CSU. „Alte Wälder sind wichtig für den Artenschutz, aber auch für den Klima-, Boden- und Wasserschutz und deshalb ist ein Nationalpark im Steigerwald in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels überfällig“, erklärt der Schweinfurter Landtagsabgeordnete.

Artenretter, Klimaschützer, Wirtschaftsmotor: Den Steigerwald zum dritten bayerischen Nationalpark machen!

Mehr als 40 Jahre sind vergangen, seit Bayern mit dem Bayerischen Wald und Berchtesgaden seine letzten und einzigen beiden Nationalparke eingerichtet hat. 14 weitere Nationalparks sind seitdem in Deutschland entstanden – kein einziger davon in Bayern! Dabei ist Bayern das mit Abstand größte Flächenland Deutschlands und weist zugleich die größte Waldfläche auf. Trotz dieser guten Voraussetzungen hinkt der Freistaat bei streng geschützten Naturflächen im Bundesländervergleich kräftig hinterher. Die Söder-Regierung wird ihrer Verantwortung für Natur- und Umweltschutz nicht gerecht.

Seit 2007 diskutieren Bürgerinitiativen, Politiker*innen, Teile der Bevölkerung, Wissenschaftler*innen und Naturschützer*innen darüber, ob der Steigerwald zum dritten Nationalpark in Bayern werden soll. Die Grünen-Landtagsfraktion kämpft seit 2008 dafür, den Steigerwald als Nationalpark zu schützen. Die Zustimmung vor Ort ist in den letzten Jahren gewachsen (siehe: https://www.gruene-fraktion-bayern.de/themen/umwelt-natur-und-klima/2021/bayern-will-einen-weiteren-nationalpark/) – und dennoch weigert sich die Söder-Regierung weiterhin, den Steigerwald zum dritten Nationalpark Bayerns zu erklären.

Die Grünen im Bayerischen Landtag haben deshalb einen renommierten, durch viele Studien auch auf internationalem Parkett bekannten Nationalpark-Experten und Ökologen, Prof. Dr. Hans D. Knapp, beauftragt, zu untersuchen, welchen Mehrwert ein Nationalpark Steigerwald für uns alle, für die Region Franken im Besonderen und für die Natur in Bayern schaffen kann.

Die Studie ergänzt und bestätigt die langjährigen grünen Forderungen und lässt sich in folgenden drei Punkten zusammenfassen:

1. Nationalparke dämmen das Artensterben ein

Die Roten Listen des Bundesamtes für Naturschutz zeigen, dass viele Tiere und Pflanzen gefährdet oder gar vom Aussterben bedroht sind. Diese Arten können wir nur wirksam schützen, indem wir Schutzgebiete ausweisen, in denen die Natur komplett sich selbst überlassen wird.
Dies ist ein Faktum, das nicht nur für Deutschland, sondern weltweit gilt. Bisher sind aber nur 0,6 Prozent der Fläche Deutschlands als Nationalparke und damit als großflächige nutzungsfreie Gebiete geschützt (siehe: https://www.bfn.de/nationalparke). Deutschland zählt damit zu den Schlusslichtern in Europa.

Unter den von den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) ausgewiesenen nutzungsfreien Naturwäldern findet sich kein Buchenwald, der auch nur annähernd die Größenordnung eines Nationalparks Steigerwald erreichen kann. Um weltweit die Artenvielfalt so gut wie möglich zu erhalten, müssen jedoch alle Länder einen Beitrag leisten und die für sie typische natürliche Vegetation schützen. Deutschland war einst von Buchenwäldern bedeckt. Aktuell finden sich Buchenwälder nur mehr auf 4,7 Prozent der Fläche. Deutschland hat aber für diese wertvollen Wälder eine weltweit herausragende Verantwortung, weil es im Zentrum ihrer natürlichen Verbreitung liegt. Eine großflächige, ungestörte Entwicklung eines Buchenwaldes hin zu einem Urwald ist nur mit einem Nationalpark Steigerwald möglich: Buchen können bis über 300 Jahre alt werden. Meist jedoch entwickeln diese Bäume erst ab einem Alter von 150 Jahren sogenannte Sonderstandorte wie Nischen, Mulmhöhlen, abgestorbene Äste und abstehende Rinden, welche seltene Tiere und Pilze als Voraussetzung zum Leben brauchen. Dieses Alter wird, abgesehen von Einzelbäumen, in keinem Buchenwirtschaftswald erreicht.

Bereits jetzt ist der Steigerwald, vor allem in den nutzungsfreien Naturwaldreservaten, ein Hotspot der biologischen Vielfalt. Über 70 Prozent des Steigerwalds werden als europaweit zu schützender Buchen- bzw. Eichenwald-Lebensraumtyp eingestuft. Wie die Karte zeigt, würde der Steigerwald als Nationalpark eine wichtige Lücke im Bereich der deutschen Nationalparke im waldreichen Mittelgebirgsraum Süddeutschlands schließen und zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen aus dem Global Biodiversity Framework von Montreal (Dezember 2022) beitragen. Ein Nationalpark Steigerwald ist grünes Herz Frankens und Bayerns Krone der Buchenwälder zugleich. So sollten wir ihn behandeln!

2. Nationalparke sind die Reallabore für Klimaanpassung

Gerade in Zeiten von Hitzewellen und Dürren ist es wichtig zu analysieren, wie ein großflächiges naturnahes Waldökosystem auf neue klimatische Herausforderungen reagiert. Im besten Fall zeigt es uns auf natürliche Art, wie wir für unsere bewirtschafteten Wälder Lösungen finden können. Zum Beispiel, wie wir den Wasserkreislauf in der Landschaft aufrechterhalten können oder wie das in Totholz gespeicherte Wasser zur Kühlung des Waldes beiträgt.

Wälder sind bedeutende Speicher für Kohlenstoff. Dieser wird in lebender und toter Biomasse (Totholz, Laubstreu) zeitweise und im Boden über lange Zeiträume akkumuliert und festgelegt. Es ist bewiesen, dass diese klimawirksamen Leistungen von Wäldern umso wirksamer sind, je geschlossener, älter und reicher an Biomasse sie sind. Durch die Nutzung der Wälder, z.B. durch das Fällen von Bäumen, werden dieser natürliche Kreislauf und das Waldökosystem gestört.

Wenn sich die Natur in Nationalparken ungestört entwickeln darf, können die Schutzgebiete all diese positiven Wirkungen entfalten. Ein Nationalpark Steigerwald kann also den Landschaftswasserhaushalt und das regionale Klima stabilisieren. Er kann extreme Temperaturen mildern und kühlen. Er kann Kohlenstoff binden und speichern. Insbesondere in der Region Franken, die nicht nur im Sommer mit Folgen der

Klimaüberhitzung wie Trockenheit und Wasserknappheit kämpft, ist diese eine natürliche und günstige Maßnahme zur Klimaanpassung. Der Steigerwald könnte somit als Reallabor für die Klimaanpassung in ganz Bayern dienen.

3. Nationalparke sind Wirtschaftsmotoren für die Region.

Bisherige bayerische Nationalparke wie der Bayerische Wald oder Berchtesgaden zeigen: Nationalparke haben einen positiven Einfluss auf die regionale Wirtschaftsstruktur. Sie schaffen zusätzlich Arbeitsplätze und halten Wertschöpfung in der Region. Nationalparke kurbeln nachweislich den Tourismus an und wirken sich positiv auf die damit verbundene Wertschöpfungskette aus. Untersuchungen aus 2018 zum Buchenwaldnationalpark Hainich in Thüringen zeigen: Die Wertschöpfung durch den Nationalparktourismus hat sich in nur zehn Jahren mehr als verdoppelt (auf 5,158 Millionen Euro). Daraus ergibt sich ein Äquivalent von rechnerisch 266 Personen, deren Einkommen voll vom Nationalparktourismus abhängig ist. Das bedeutet auch, dass Verluste, die durch die Einstellung von Forstwirtschaft im Nationalpark entstehen, durch die Einnahmen von steigenden Tourismuszahlen gänzlich kompensiert werden.

Für den Steigerwald gilt: Ein Nationalpark Steigerwald kann die negativen Trends ländlichen Strukturwandels abmildern. Er kann Impulse für regionale Kreislaufwirtschaft und naturverbundenen Qualitätstourismus setzen. Er wird positive Synergieeffekte mit Gastronomie, Handwerk, Nahverkehr und lokaler Wirtschaft bewirken. Arbeitsplätze werden erhalten und zusätzlich geschaffen werden. Aufgrund besonderer Qualitätsansprüche von Nationalparktouristen könnte zum Beispiel die Nachfrage nach regionalen Bioprodukten steigen und so die regionalen Wirtschaftskreisläufe stärken.

Ein als Nationalpark geschützter Wald hat eine weitaus größere Anziehungskraft auf Besucher*innen als ein Wirtschaftswald. Der Naturpark Steigerwald weist aktuell eine Quote von 89 Prozent Tagesausflügler*innen und elf Prozent Übernachtungsgästen auf. Wir wissen, dass Übernachtungsgäste einer Region etwa fünfmal so viel Geld bringen wie Tagesgäste. Und wir wissen: Im Nationalpark Hainich beträgt die Quote Tagesgäste zu Übernachtungsgäste 61 Prozent (Tagesgäste) zu 39 Prozent (Übernachtungsgäste). Eine Quote, die auch der Steigerwald-Region zu wünschen ist.

Das Gutachten macht die Vorteile eines Nationalparks Steigerwald für Menschen, Region und Natur deutlich. Es liegt nun an der Bayerischen Staatsregierung, den Natur- und Artenschutz in Bayern endlich mit Leben zu füllen – auch durch einen dritten Nationalpark für Bayern und dem ersten für Franken.

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