Bei seiner Sommerreise durch Deutschland hat Bundesagrarminister Cem Özdemir auf Einladung des Amtes für Ländliche Entwicklung (ALE) Unterfranken auch Station im Oberen Werntal gemacht. Im Mittelpunkt stand das ökologische Bauen und die Innerorts-Entwicklung, wofür die besuchten Projekte Neue Mitte Niederwerrn und Bauhütte Obbach standen. Dritte Station war der 2010 eröffnete kulturhistorische Wanderweg Kulturachter Euerbach. Einmal mehr begegnete Özdemir beim Termin auch dem Schweinfurter Abgeordneten der Grünen Landtagsfraktion, Paul Knoblach („Grüß dich Paul“). Özdemir hat unter anderem 2018 das Büro Knoblachs in der Rückertstraße „eröffnen geholfen“. Die in Obbach präsentierte Innerortsentwicklung stieß auf besonderes Interesse von Özdemir und Knoblach, die statt Neubaugebieten den Einzug in sanierte Leerstandshäuser in Dörfern präferieren. „Wir haben Ideen, sind innovativ, wollen unsere Orte weiter entwickeln, ihre Attraktivität steigern und weiter Anreize für Zuzug setzen“, erklärte der Minister dazu. Er warb in diesem Zusammenhang für eine unbedingte Fortführung der GAK-Bundesförderung. GAK steht für Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz. Alle besuchten Projekte im Oberen Werntal erhielten Geld aus diesem Topf.
Obwohl die Kernthemen des Biolandwirts aus Garstadt, Landwirtschaft und Ernährung, wie erwartet nur eine Nebenrolle spielen, blieb dennoch Zeit über Landwirtschaft und Ernährung zu reden. Knoblach dankte „dem im Schweinfurter Land ohnehin immer gerne gesehenen Gast“ dabei unter anderem für das jetzt im Koalitionsvertrag verankerte Flächenziel von 30 Prozent ökologische Landwirtschaft bis 2030. „Unter der letzten Regierung wurden Ökobäuerinnen und -bauern hier systematisch ausgebremst, jetzt ist das anders“, sagte der grüne MdL laut einer Pressemitteilung.
Knoblach teilt mit Özdemir darüber hinaus schon lange die Meinung, dass viele für die Nachhaltigkeit entscheidende Elemente des Bio-Anbaus wie zum Beispiel Fruchtfolgen oder mechanische Unkrautbekämpfung auch für konventionelle Betriebe relevant sind. In seiner Funktion als Tierwohlsprecher der grünen Landtagsfraktion brachte Knoblach außerdem seine Freude über die vom Bundesagrarminister an den Start gebrachten neuen Kennzeichnungen aus. Eingeführt wird ein Tierhaltungslogo für Fleisch. Kommen soll ein Logo zum Bio-Anteil in Großküchen in den Medaillenfarben Gold, Silber und Bronze. Außerdem sollen für mehr Fleischwaren Angaben zum Herkunftsland der Tiere Pflicht werden. „Mit dem Haltungslogo werden die Leistungen der Landwirte, die sich für den Tierschutz einsetzen, sichtbar“, sagt Knoblach. Am Rand der Veranstaltung setzte der grüne MdL den Bundesagrarminister auch über den Skandal im Aschaffenburger Schachthof-Skandal in Kenntnis. Özdemir wurde eingangs von ALE-Behördenleiter Jürgen Eisentraut, Bürgermeisterin Bettina Bärmann, die er von seinem Oberwerrner Ascherdonnerstagsauftritt her kannte, und Landrat Florian Töpper begrüßt. Dann ging es weiter nach Regensburg.
Zwei Tage später begegneten sich Özdemir und Knoblach bei der Hauptalmbegehung des Almwirtschaftlichen Vereins auf dem Sudelfeld erneut. CSU-Chef Markus Söder forderte dabei, den Bestand von Wölfen künftig auf regionaler Ebene abzubilden. In seiner Entgegnung bekannte sich Özdemir zur Almwirtschaft, betonte allerdings, dass der Bund hier alles zugelassen habe, was nach EU-Recht möglich ist, also auch ganze Rudel zu entnehmen. Wo die Haltung des Bundes nicht ausreiche, solle man versuchen, gemeinsam pragmatische Lösungen zu finden.
Beim Thema Anbindehaltung bei Milchkühen blieben die bekannt gegensätzlichen Meinungen bestehen. Während CSU-Söder das Beibehalten der Kombihaltung fordert, wollen Özdemir und Knoblach die Anbindehaltung auslaufen lassen. Die Kombihaltung sehen beide lediglich noch als Übergangslösung an. „Die Anbindehaltung ist Tierqäulerei und muss endlich aufgegeben werden“, so der Tierwohlsprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.