Erst Recht nach dem „bahnbrechenden BVG-Urteil“
Schweinfurt/Gochsheim – Die Grünen in Bayern kämpfen weiter dafür, dass auf der Steigerwald-Bahnstrecke möglichst bald wieder Züge fahren. Der Vorsitzende der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Ludwig Hartmann, ist vor allem wegen der richtungsweisenden Klimaschutz-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom April zuversichtlich, dass es so kommt. Auf dem Bahnhofsgelände in Gochsheim sprach Hartmann vor zahlreichen Medienvertreten von einem „bahnbrechenden Urteil“.
Es habe bereits Wirkung gezeigt, weil jetzt alle möglichst schnell eine Reduzierung der stetig angewachsenen CO2-Werte verlangten, Diese seien aber hauptsächlich dem Verkehrssektor zuzuschreiben, weshalb alternative Angebote wie die Bahn „umso wichtiger sind“, sagte Hartmann. Bei aktuell 43 Millionen zugelassenen Pkw habe rein rechnerisch nur jeder zweite Bundesdeutsche ein Auto, die andere Hälfte nicht, darunter viele Ältere, die nicht mehr fahren können, aber auch viele junge Menschen, die nicht mehr wie früher aufs Auto setzen. Für diese Menschen sei eine intakte Bahninfrastruktur ein wichtiges, sauberes und bequemes Angebot und das bedeute zugleich eine Stärkung des ländlichen Bereichs. „Orte mit einem Bahnanschluss haben davon profitiert“, sagte Hartmann.
Sein Kollege, der Schweinfurter Landtagsabgeordnete Paul Knoblach, der Gerolzhöfer Stadt- und Kreisrat Thomas Vizl (geo-net) sowie Manfred Röder vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD) nannten den Wiederbetrieb der Trasse beim Pressetermin mit geringem Aufwand schnell machbar. Alle verstehen nicht, warum die meisten Bürgermeister der Anlieger-Gemeinden sich so sehr gegen die Reaktivierung wehrten. Möglicherweise spekulierten sie auf Grundstücke oder hätten Angst vor den Kosten, was aber falsch sei, weil das Gros vom Bund übernommen werde, wie Vizl anmerkte. Das schon gute Mobilitätskonzept des Landkreises „würde mit Schiene noch besser funktionieren“, so der Kreisrat.
Manfred Röder wiederholte das Ergebnis einer VCD-Umfrage, wonach sich mehr als Hälfte der 1800 Teilnehmer für eine Reaktivierung ausgesprochen hätten. Vielfach wurde in den Antworten auf die vernetzte Mobilität hingewiesen, was nicht verwunderte, weil 35 Prozent der Anwohner über 65 und unter 20 Jahre alt und genauso keine Autofahrer sind wie viele sozial schwächer gestellte Menschen, die sich kein Auto leisten könnten. „Wir reden also nicht von einer Minderheit“, sagte Röder und meinte das Fahrgastpotenzial, das aber laut dem Gutachten der Bayerischen Eisenbahngesellschaft nicht ausreichen würde.
Wegen zwei bereits vorliegender Gutachten, die deutlich mehr als die für eine Reaktivierung nötige Zahl an Fahrgästen prognostiziert hatten, mache das BEG-Gutachten „stutzig“, merkte Vizl an. Er kritisierte, dass die BEG die Methodik, Rechenwege und die verwendeten Parameter für ihre Berechnung nicht herausrückt, trotz zweier Anfragen von Knoblach an die Staatsregierung. Vizl sah darin „Parallelen“ zur Mainschleifenbahn Volkach, wo die BEG auch erst einen sehr niedrigen Wert ermittelte hatte, sich dann aber einem positiven Gutachten anpassen musste.
Wegen der nichtssagende Antworten der Staatsregierung prüft die Grüne Fraktion in München derzeit, inwieweit man eine Offenlegung erzwingen kann, die notwendig sei, um die Gutachten vergleichen zu können. Knoblach und Hartmann schlossen juristische Schritte nicht mehr aus, zumal es mit der Thüringer Bahn einen interessierten Betreiber der Trasse gebe. Eine Entwidmung der Bahnstrecke, die mächtige Gegenspieler in der CSU anstreben, darf es nach dem BVG-Urteil nicht geben, so Knoblach und Hartmann.