Erinnern darf niemals enden

Gedenkfeier Flossenbürg
Bei der Gedenkfeier im KZ Flossenbürg dabei (von links) die Grünen MdL Jürgen Mistol und Anna Schwamberger, Hauptrednerin Kultusstaatsministerin Claudia Roth, der Leiter der Gedenkstätte Dr. Jörg Skriebeleit und der Schweinfurter MdL Paul Knoblach

Claudia Roth und Paul Knoblach beim Gedenkakt in Flossenbürg

Am 23. April 1945 erreichte die US-Armee das oberpfälzische KZ Flossenbürg nahe der Grenze zu Tschechien. Im KZ befanden sich nur noch 1500 schwerkranke Menschen. Die meisten Gefangenen waren zu diesem Zeitpunkt auf einem der Todesmärsche. Die letzten von ihnen wurden erst am 8. Mai von alliierten Truppen befreit.

Im 77.  Jahr nach der Befreiung haben am 24. April 2022 in Flossenbürg rund 500 Menschen bei einem feierlichen Gedenkakt der Opfer gedacht. Die Ansprachen von Deutschlands Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) und der 1949 in einem Camp für Displaced Persons im nahen Deggendorf geborenen Publizistin Rachel Salamander haben nicht nur den Schweinfurter Landtagsabgeordneten Paul Knoblach nachhaltig beeindruckt. „Das ging nicht ohne ganz viel Gänsehaut“, erklärt auch Knoblach in einer Mitteilung die Erinnerungsarbeit wichtiger denn je. Er vertrat mit dem parlamentarischen Geschäftsführer Jürgen Mistol (Regensburg) und Anna Schwamberger (Tirschenreuth) die Grüne Landtagsfraktion beim Festakt.

Wegen Corona konnte das Gedenken in den beiden zurückliegenden Jahren in einem nur kleinen Kreis stattfinden. Salamander und Hauptrednerin Claudia Roth hoben die große Bedeutung der Erinnerungsarbeit für die Demokratie hervor. Die KZ-Gedenkstätte stehe für eine in die Zukunft weisende innovative Erinnerungsarbeit, so Roth. Als Beispiel nannte die Ministerin die Dauerausstellung „Was bleibt?“, in der die Nachkriegszeit aus der Sicht der ehemaligen Häftlinge und des Ortes gezeigt wird. Roth hat sich schon immer für die Arbeit der Gedenkstätten interessiert und stark gemacht.

Rachel Salamander, deren Eltern Samuel und Riva Salamander den Holocaust überlebt haben, lebte bis zu dessen Auflösung im Jahr 1956 im DP-Lager Föhrenwald, danach in München, wo sie  nach dem Studium der Philosophie, Germanistik und Romanistik  1982 die „Literaturhandlung“ eröffnete, eine auf jüdische Literatur und Literatur zum Judentum spezialisierte Buchhandlung. Für den von ihr maßgeblich betriebenen Wiederaufbau des jüdischen intellektuellen Lebens in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg und ihren steten Kampf gegen Antisemitismus erhielt Salamander 2020 den Heinrich-Heine-Preis.

Weitere Redner waren der Direktor der Stiftung Bayerische Gedenkstätten Karl Freller und der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein. Zur Veranstaltung reisten auch sechs Überlebende des KZ sowie zahlreiche Angehörige ehemaliger Häftlinge aus der ganzen Welt nach Flossenbürg. Eine Rolle spielte auch der Ukraine-Krieg: Die Fahnenstangen mit den bisher immer aufgehängten Flaggen von Russland und Belarus blieben leer, die Gedenkstätte hatte vorher Vertreter der beiden Staaten als unerwünscht erklärt und ausgeladen, für Knoblach ein „wegen des Völkermords in der Ukraine wichtiges Zeichen“. Den Opfern aus diesen Ländern wurde dennoch gedacht. Die Kränze für sie legte die Gedenkstätte selbst nieder.

In Flossenbürg und seinen Außenlagern waren zwischen seiner Eröffnung im Mai 1938 und 1945 etwa 84.000 Männer und 16.000 Frauen aus über 30 Ländern inhaftiert. An den Folgen der Haft oder ermordet wurden rund 30.000 Menschen, darunter auch der evangelische Pfarrer Dietrich Bonhoeffer. Dass sich in der Ukraine die Vernichtung von Menschen wiederholt, „macht unfassbar“, so der MdL aus Schweinfurt.

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