Skandal in Aschaffenburg schreit nach weiteren Konsequenzen
Für den Tierwohlsprecher der Landtagsfaktion von Bündnis 90/Die Grünen, Paul Knoblach, müssen die offensichtlich systematischen Tierquälereien im Aschaffenburger Schlachthof weitere Konsequenzen vor Ort, aber auch bayernweit haben. „Die von mir eingesehenen Filmsequenzen durch eine rigoros grausame Schlachttruppe sind erschütternd, da darf man nicht zur Tagesordnung übergehen“, erklärt der Schweinfurter Abgeordnete, Biolandwirt und früher selbst Tierhalter in einer Pressemitteilung.
Knoblach fordert vom zuständigen Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) eine gesetzlich verankerte Videoüberwachung in allen bayerischen Schlachthöfen mit der Pflicht, diese auch regelmäßig zu kontrollieren. Dringend nötig sei auch eine Prüf- und Zulassungspflicht für Betäubungsgeräte und Fixiereinrichtungen. Wegen der Tragweite dieses beispiellosen Skandals wundert sich der grüne Tierwohlsprecher auch über die ungewohnte Wortlosigkeit von CSU-Ministerpräsident Markus Söder. „Wegen der vielen beteiligten Behördenvertreter betrifft das, was da in Aschaffenburg passiert ist, in hohem Maß auch die Staatsregierung“, stellt Knoblach fest.
Die von der Soko Tierschutz gelieferten Videoaufnahmen hätten darüber hinaus deutlich gezeigt, dass die im Schlachthof eingesetzten Beschäftigten keine Ahnung von Betäubung, Nachbetäubung und Reflexkontrolle hatten. Deutlich erkennbar ist auf den Bildern auch, dass die Betäubungsbucht für Rinder mangelhaft ist, es keine funktionierende Kopffixierung gab und das Bolzenschussgerät völlig ungeeignet war. „Das macht fassungslos“, sagt Knoblach.
Aber auch die Vertreter der Bayerischen Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) aus Kulmbach müssen sich fragen lassen, wo sie bei ihrem letzten Besuch im Aschaffenburger Schlachthof im April 2023 eigentlich hingesehen haben. Für den Tierwohlsprecher haben sie komplett versagt und genauso gegen alle Regeln verstoßen wie die Mitarbeiter der Stadt Aschaffenburg, die den Zeitpunkt der Kontrolltermine an das Veterinäramt im Haus weitergegeben haben. „Die Stadtverwaltung hat damit die Geheimhaltungspflicht verletzt, wodurch missachtet wurde, dass die Arbeit des Veterinäramtes durch die KBLV zu kontrollieren ist“.
Ein Geheimnisverrat war schließlich auch die Weitergabe der Kontrolltermine an die Betreibergesellschaft durch das Veterinäramt in mindestens zwei Fällen, merkt Knoblach an. In der Folge wurde den Kontrolleuren ein geschönter Schlachtbetrieb vorgegaukelt – mit vorher mutmaßlich abgesprochenen geringeren Tierlieferungen an diesem Tag und verlangsamten Schlachtvorgängen. „Da wurde ein Schöne-Welt-Schlachthof präsentiert, während an normalen Tagen Schweine ohne die nötige Betäubungstiefe aufgeschlitzt wurden, was absolut furchtbar ist“, so der Tierwohlsprecher der Grünen.
Dass den beiden amtlichen Tierärztinnen wegen ihrer Warnung vor den Kontrollen fristlos gekündigt wurde, war ein erster nötiger Schritt, dem weitere Ermittlungen und letztlich ein Tätigwerden der Justiz folgen müssen. Sein Fazit: Eine Stadtverwaltung ohne Problembewusstsein, eine kriminelle Betreibergesellschaft, eine Kontrollbehörde ohne Kenntnis der technischen Einrichtungen mit dem traurigen Ergebnis unbeschreiblichen Tierleids.
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