Erinnerungskultur

KZ Gedenkstätte Dachau: „Es fällt schwer hier gefasst zu bleiben“

Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach im Krematoriumsbereich. Im Sommer 1940 wurde in Dachau das erste Krematorium gebaut. Weil dieser eine Verbrennungsofen nicht ausreichte, wurde eine „Baracke X“ mit vier weiteren Verbrennungsöfen gebaut, die ab Frühjahr 1943 benutzt wurden. In der Baracke X befanden sich auch Desinfektionskammern, eine Toten- und eine Gaskammer. Foto: Hannes Helferich
Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach im Krematoriumsbereich. Im Sommer 1940 wurde in Dachau das erste Krematorium gebaut. Weil dieser eine Verbrennungsofen nicht ausreichte, wurde eine „Baracke X“ mit vier weiteren Verbrennungsöfen gebaut, die ab Frühjahr 1943 benutzt wurden. In der Baracke X befanden sich auch Desinfektionskammern, eine Toten- und eine Gaskammer. Foto: Hannes Helferich

„Als Zeichen gegen Antisemitismus, Ausgrenzung, Hass und Rechtsextremismus ordnet der Schweinfurter Landtagsabgeordnete Paul Knoblach seinen Besuch der KZ-Gedenkstätte Dachau ein. Das Zustandekommen der Führung mit der Politikwissenschaftlerin Angelika Eisenmann hatte wiederum eng mit dem steten Warnen des Grünen MdL vor allem vor der AfD zu tun. Seine klaren Worte als Alterspräsident zum Start der aktuellen Legislaturperiode hatten die engagierte Referentin der KZ-Gedenkstätte zu einem Dankeschön veranlasst. Ergebnis des Mail-Kontakts war das Angebot zu einer Führung.

Das KZ Dachau entstand auf dem stillgelegten Gelände einer Pulver- und Munitionsfabrik. Die ersten Gefangenentransporte erfolgten schon unmittelbar nach der Machtübernahme durch Adolf Hitler. Kommandant Theodor Eicke führte dann im Oktober 1933 eine Lagerordnung ein, die ein brutales Strafreglement für die Häftlinge und Dienstvorschriften für die Lager-SS beinhaltete. Das von Eicke von Willkür und Terror geprägte „Dachauer Modell“ fand danach in allen weiteren Konzentrationslagern Anwendung.

Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach auf dem ehemaligen Lagerweg mit den Wachtürmen in der KZ Gedenkstätte Dachau. Foto: Hannes Helferich
Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach auf dem ehemaligen Lagerweg mit den Wachtürmen in der KZ Gedenkstätte Dachau. Foto: Hannes Helferich

Neben Regimegegnern und politischen Gefangenen wurden ab 1936 im KZ Dachau auch immer mehr Personen aus rasseideologischen und „sozialhygienischen“ Gründen inhaftiert. Dazu gehörten Homosexuelle, Sinti und Roma. 1937 erfolgte die Erweiterung des SS-Lagers und der Neubau eines Häftlingslagers mit einer Kapazität für 6.000 Gefangenen. Nach den antisemitischen Novemberpogromen 1938 wurden fast 11.000 jüdische Männer ins KZ eingeliefert wurden, die schwerste Misshandlungen erlitten.

Ab 1940 landeten immer mehr Häftlinge aus den von der Wehrmacht besetzten Ländern im KZ Dachau, im Sommer 1940 waren es 10.000 Gefangene. Eindrucksvoll schilderte Eisenmann dem MdL und seinem ihn begleitenden vierköpfigen Mitarbeiterteam die mörderischen Arbeitsbedingungen, die unzureichende Versorgung und die mangelnde Hygiene, die zu einem sprunghaften Anstieg der Sterberate führte.

Nach dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 wurde das KZ Dachau dann auch zur Hinrichtungsstätte für sowjetische Kriegsgefangene. 1942 selektierten SS-Ärzte im Rahmen der „Euthanasie-Aktionen 14f13“ des NS-Regimes im KZ Dachau kranke und nicht mehr arbeitsfähige Häftlinge. Über 2.500 Gefangene wurden in die Tötungsanstalt Hartheim nach Österreich gebracht.

1944 war das KZ Dachau mit über 30.000 Häftlingen dramatisch überfüllt. Die katastrophalen Lebensbedingungen führten zum Ausbruch einer Typhusepidemie. Von den insgesamt rund 200.000 in Dachau Inhaftierten starben 41.500 Menschen, viele noch bei den gegen Ende April 1945 begonnenen und deshalb so genannten Todesmärschen. Am 29. April 1945 befreite die US-Armee das KZ Dachau.

Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach im Gespräch mit der Referentin Angelika Eisenmann. Foto: Hannes Helferich
Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach im Gespräch mit der Referentin Angelika Eisenmann. Foto: Hannes Helferich

Referentin Eisenmann rückte am Ende ihrer beeindruckenden Führung das Schicksal einer der wenigen in Dachau inhaftierten Frauen in den Fokus: Der am 13. September 1944 von der SS im KZ ermordeten britisch-indischen Agentin Noor Inayat Khan. Sie hatte im besetzten Frankreich im Widerstand gewirkt, wurde nach einem Verrat von der Gestapo festgenommen und nach Dachau deportiert. An Noor Inayat Khan und die mit ihr ermordeten Agentinnen Yolande Beekman, Madeleine Damerment und Eliane Plewman erinnert eine Gedenktafel, die fast unscheinbar an einer Wand im Krematorium hängt, wo die Führung mit einer Schweigeminute endete: „Es fällt schwer, hier gefasst zu bleiben“, so Knoblach. „Ohne Erinnern gibt es keine Zukunft“. Mit diesen Worten dankte der Grüne MdL der Referentin für ihre Schilderungen zu den von den Nazis aus ganz Europa nach Dachau deportierten Menschen. „Sie waren Nummern, wurden gedemütigt, gefoltert, erschossen und sie starben an Hunger und Kälte, das darf nie wieder passieren“, so Knoblach. Dass die AfD mit dem Schuldkult brechen und unter das Thema Nationalsozialismus einen Schlussstrich ziehen will, nannte Knoblach ein Unding: „Der grundsätzliche Konsens, dass Menschenrechte für alle gelten, darf nicht einmal ansatzweise in Frage gestellt werden, lieber Vielfalt als Einfalt“.

Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach beim Besuch der KZ Gedenkstätte Dachau in der Ausstellung im ehemaligen Schubraum. Hier wurden die Neuankömmlinge einer entwürdigenden Aufnahmeprozedur unterworfen. Sie durchlitten dort den gewaltsamen Verlust ihrer persönlichen Rechte und Freiheiten. Foto: Hannes Helferich
Der grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach beim Besuch der KZ Gedenkstätte Dachau in der Ausstellung im ehemaligen Schubraum. Hier wurden die Neuankömmlinge einer entwürdigenden Aufnahmeprozedur unterworfen. Sie durchlitten dort den gewaltsamen Verlust ihrer persönlichen Rechte und Freiheiten. Foto: Hannes Helferich

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