Landtagsabgeordneter Knoblach (GRÜNE) auf Weinbergs-Tour mit dem bekannten Agrarökonomen Karl Bär
Der Bundestagsabgeordnete Karl Bär aus dem oberbayerischen Holzkirchen und der Schweinfurter Landtagsabgeordnete Paul Knoblach haben – als Grüne naheliegend – das gleiche Leitbild: Eine ökologische und regionale Landwirtschaft, die ohne chemisch-synthetische Pestizide und ohne Gentechnik mit der Natur arbeitet. „Nur sie sichert den Bäuerinnen und Bauern, die mehr als der Hälfte unseres Landes bewirtschaften, ein faires Einkommen und wir alle bekommen Lebensmittel, bei denen wir wissen, was drin ist und wo sie herkommen“, erklärten Bär wie Knoblach beim Besuch von Weinbergslagen im Steigerwald.
Seit dem Südtiroler Apfel-Prozess ist der Agrarökonom Bär unter Umweltschützern eine bekannte Größe. Knapp zwei Jahre dauerte das Verfahren vor dem Landesgericht Bozen, im Mai 2022 ging es mit einem Freispruch auch für Bär als dem letzten einer Reihe Angeklagter zu Ende. Wie andere hatte der heute 38-Jährige den Pestizideinsatz in den Südtiroler Apfelplantagen angeprangert, war deshalb von über 1.300 Obstbauern und der Landesregierung vor Gericht gezerrt und von Schadensersatzzahlungen in Millionenhöhe bedroht.
Bär hatte die Klage von Anfang an als politischen Einschüchterungsversuch bewertet. Dass die damalige Zeit belastend war, räumte er auf dem Weingut von Jürgen Rebhann in Kammerforst ein, es gehe aber nicht um Emotionen, sondern um die Meinungsfreiheit, im vorliegenden Fall die Kritik am Pestizideinsatz in Südtirol.
Beim Kampf gegen den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden weiß Bär mit Paul Knoblach einen wichtigen Mitstreiter auf seiner Seite. Im Wissen um die hierzu eher laxe Haltung der Staatsregierung freute sich Bär ausdrücklich über einen erfolgreichen Antrag des Schweinfurter Abgeordneten: Im Weinbau wurde der Herbizidverzicht bisher in Bayern nicht gefördert. Um (noch) konventionell tätigen Winzerinnen und Winzern, die aber herbizidfrei arbeiten möchten, einen Ausgleich anzubieten, hatte der weinbaupolitischen Sprecher der Grünen Landtagsfraktion die Aufnahme in das Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP) beantragt und auch durchgebracht.
Seit diesem Jahr erhalten konventionell wirtschaftende Winzerinnen und Winzer in Bayern auf Antrag eine Förderung (über KULAP K72 „Herbizidverzicht im Wein“) von 420 Euro pro Hektar durch den Freistaat. „Der Verzicht auf Pflanzenvernichtungsmittel (Herbizide), zu denen auch Glyphosat zählt, verringert den Eintrag von Pestiziden in den Boden, in Gewässer und Grundwasser, wovon auch Insekten, Vögel und andere tierische Bewohner der Weinberge profitieren, weil Wildkräuter und Gräser frei wachsen dürfen und ihr Lebensraum erhalten bleibt,“ sagte Knoblach beim Ortstermin.
Bär hält „eine andere Förderung für die Landwirtschaft nötig, statt Flächenbesitz müssen Umweltleistungen, ökologische Landwirtschaft, Direktvermarktung und auch der Umbau der Tierhaltung für mehr Tierwohl vom Staat gefördert werden“. Als Obmann der Grünen im Bundestags-Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft will er diese „Agrarwende anpacken“.
Wie wichtig sie ist, zeigten von 2017 bis 2021 unter Beteiligung Bärs durchgeführte Messprojekte in Deutschland, Italien und der Schweiz, bei denen mit sogenannten Passivsammlern nach Pestiziden in der Luft gesucht wurde. Die größte dieser Studien mit über 160 Standorten und vier verschiedenen Messmethoden fand 2019 über ganz Deutschland verteilt statt. Ein Standort war damals der Garten von Bär in Holzkirchen, wo man unter anderem Glyphosat fand. „Obwohl die zuständige Behörde erklärt hatte, dass ein Ferntransport des Herbizids ausgeschlossen ist“, kommentierte Bär den offensichtlichen Fehlschluss.
Nötig nannten Bär wie Knoblach ein schärferes Kartellrecht. Zurzeit würden 95 Prozent des Gemüsesaatguts in Europa von nur fünf Konzernen gezüchtet und rund 85 Prozent der Lebensmittel in Deutschland von nur vier Supermarktketten verkauft. „Diese Machtkonzentration drückt die Landwirtschaft an die Wand und schränkt die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen ein“, so Bär. Knoblach forderte eine intensivierte ökologische Agrarforschung. „Die staatliche Forschung und Ausbildung im Bereich Landwirtschaft, wozu ja auch der Weinbau zählt, muss sich an den Zielen der Gesellschaft und den tatsächlichen Bedürfnissen der Bauern und Bäuerinnen orientieren, nicht an den Profitinteressen der Agrarindustrie“.