Sehr geehrtes Präsidium, werte Kolleginnen und Kollegen!
Gerne schauen wir gemeinsam mit Ihnen nach Berlin; wenn wir das tun, dann sehen wir Widersprüche. Der Lebensmitteleinzelhandel und die Gerichte bestimmen die Richtung. Das Primat der Politik war ausgehebelt, und erst mit dem Regierungswechsel, mit einem grünen Landwirtschaftsminister gestalten wir wieder die Zukunft der deutschen Landwirtschaft.
Wie sieht es in Bayern aus? – Von 2010 bis 2020 haben wir 40 % der Milchviehbetriebe verloren – das zum Strukturwandel, vor dem Leopold Herz warnt. Ich verstehe das, aber das sind die Fakten. Innerhalb von zehn Jahren haben also 40 % der Milchviehbetriebe ihre Ställe zugeschlossen. Wer hat in dieser Zeit regiert?
Der Handel will keine Milch mehr aus Anbindehaltung, Verwaltungsgerichte sprechen sich gegen diese Haltungsform aus. Jetzt wird es wirklich eng für die Betriebe. Die CSU hat es versäumt, alternative Lösungen breit umzusetzen. Ordnungsrecht und Handel sitzen den Betrieben jetzt im Nacken; Aussitzen geht jetzt nicht mehr.
Anbindehaltung ist nicht tiergerecht und wird es auch nie sein. Milchviehbetriebe sind den starken Preisschwankungen des Milchmarktes wehrlos ausgesetzt – alles Dinge, die wir heute schon haben.
Bei Milchviehbetrieben kommen viel weniger Fördergelder an als bei Ackerbaubetrieben. Bei den Arbeitslöhnen ist der negative Sprung genauso groß. Das heißt, die Milchbäuerinnen und Milchbauern arbeiten mehr als andere, haben aber weniger Geld als andere in der Tasche.
Woher kommen Milch und Käse in den Kantinen unserer bayerischen Ministerien? – Laut Ministerratsbeschluss vom 13. Januar 2020 sollen bis 2025 50 % der Lebensmittel dort regionaler und ökologischer Herkunft sein. Reichlich spät, finden wir. Finden Sie das nicht auch? Und überhaupt: Woher kommen dann die anderen 50 %?
Unser grüner Landwirtschaftsminister spricht jetzt endlich Klartext, und die Probleme – von Ihnen ausgesessen – werden endlich angegangen.
Wir GRÜNEN wollen, dass nicht ein Betrieb zurückgelassen wird. Wenn das am Ende doch nicht ganz gelingen sollte, so ist es nicht die Schuld von uns GRÜNEN, sondern die Schuld der Politik jener Parteien, die hier seit Jahrzehnten den Ton angeben und es bis heute versäumt haben, eine Landwirtschaft zu bauen, die den gesellschaftlichen Interessen gerecht wird.
Cem Özdemir hat unsere volle Unterstützung, und wir haben keinerlei Grund, hiervon abzuweichen.
Herr Kollege Schöffel, ich schätze Ihr Fachwissen. Das erlebe ich immer wieder im Landwirtschaftsausschuss. Deshalb stelle ich hier ohne Polemik zwei Fragen, die Sie sicher gut beantworten können. Es geht rein um statistisches Wissen und darum, wie man es bewertet. Wie erklären Sie uns das Einkommensgefälle zwischen Ackerbau- und Milchviehbetrieben? Wie kam es dazu, dass wir hier in Bayern innerhalb von zehn Jahren 40 % der Milchviehbetriebe verloren haben?
Sehr geehrte Frau Ministerin, ich will gerne sagen, dass ich Ihre Regierungserklärung, über die wir – ich weniger als andere – heute gesprochen haben, als sehr erfrischend empfunden habe. Wir GRÜNEN haben schon im Jahr 2016 leider erfolglos einen Systemwechsel in den Milchviehbetrieben gefordert. Sie sagen ja selbst, dass 50 % der Betriebe nach den Statistiken noch heute mit der Anbindehaltung arbeiten. Man muss einfach sagen: Das ist keine besonders gute Bilanz für Ihre Regierungszeit. Können Sie uns erklären, wie es dazu kam, dass der Lebensmitteleinzelhandel der Politik das Heft des Handelns aus der Hand genommen hat? Darin liegen die Gründe, nicht bei uns GRÜNEN oder sonst wo.
Hier können Sie sich die Rede im Originalton & -bild ansehen – den Dringlichkeitsantrag der Fraktion FREIE WÄHLER können Sie hier einsehen.