Als vertane Chance bewertet der Grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach den kompletten Verzicht auf Holz beim Neubau des Schweinfurter Justizzentrums. „Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie in unserem Land durch zähe Bürokratie und Regelwut auf den gerade in Zeiten einer fortschreitenden Klimakrise ökologisch so wichtigen Baustoff Holz verzichtet wurde“, so der Schweinfurter MdL in einer Pressemitteilung.
Beim Richtfest für das Justizzentrum im Oktober war auch Knoblach eingeladen und über den fünfstöckigen Klotz nur aus Beton erstaunt. Zum einen wegen eines Landtagsbeschlusses von 2008, wonach staatliche Verwaltungsneubauten künftig möglichst Holzbauten sein sollten. Zum zweiten wegen Aussagen unter anderem von Ministerpräsident Markus Söder, dass die Staatsregierung einen starken Fokus auf das staatliche Bauen mit Holz setzt. Zitat Söder: „Wo es geht, wird Holz verbaut.“
Knoblach wollte deshalb in einer parlamentarischen Anfrage wissen, ob für den Neubau in Schweinfurt überhaupt Vollholz- oder Hybridbauweise (Mix aus Holz und Beton) geprüft wurde und in welchem Umfang Holz bei der Sanierung der bestehenden historischen Justizgebäude verwendet wird. Die vom Justizministerium gegebene Antwort nennt der Grüne MdL ernüchternd.
Es sei zwar bestätigt worden, dass sich die Staatsregierung zum Erreichen der Klimaschutzziele dafür ausspricht, „vermehrt Holz im Bausektor, insbesondere im staatlichen Hochbau einzusetzen“. Zum Zeitpunkt des Zustimmungsverfahrens für die 65-Millionen-Euro-Investition in Schweinfurt im Jahr 2018 sei die Ausführung in Holzbauweise rechtlich aber noch nicht allgemein zulässig gewesen, weil es sich beim Neubau nach der Bayerischen Bauordnung um ein Gebäude der Klasse 5 handelt.
Erst mit der im Februar 2021 in Kraft getretenen Bauordnungsnovelle sei die Verwendbarkeit brennbarer Baustoffe bei Gebäuden der Klassen 4 und 5 erweitert worden, so dass künftig von einem breiteren Anwendungsspektrum auch bei staatlichen Baumaßnahmen in Holz- oder Hybridbauweise auszugehen sei.
Knoblach bedauert, dass seit dem Landtagsbeschluss von 2008 über ein Jahrzehnt ins Land ziehen musste, bis man „Holzbau-Verhinderungsparagrafen in der Bauordnung bemerkt“. Mit weniger Bürokratismus und mehr gutem Willen wäre sicher auch noch nach der Baugenehmigung fürs Justizzentrum mehr Holzeinsatz möglich und vor allem nötig gewesen, weil Beton ein Klimaproblem der besonderen Art hat: Beim Herstellen von einer Tonne Zement, der den Beton hart werden lässt, steigen rund 700 Kilogramm des Treibhausgases Kohlendioxid in die Luft. Für einen Kubikmeter Beton wiederum sind rund 500 Kilogramm Zement nötig. Beim Justizzentrum wurden laut Ausschreibung 11.500 Kubikmeter Stahlbeton verbaut, „da wurde also eine immense Menge Klimagas produziert, Umweltschutz sieht anders aus“, sagt Knoblach.
Der Grüne MdL fordert abschließend dazu auf, sich bei künftigen staatlichen Bauvorhaben der großen Worte Söders zu erinnern. Unkommentiert lässt Knoblach die Information, dass beim „Justizzentrum Schweinfurt der Baustoff Holz u.a. beim erforderlichen Austausch der Bestandsfenster sowie den neuen Rauminnentüren im Neu- und Altbau eingesetzt wird“.