FAQ: Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln

Pestizideinsatz in der Landwirtschaft
Pestizideinsatz in der Landwirtschaft

Dieser Beitrag beruht auf Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Ministeriums.


Warum hat die EU-Kommission den Entwurf einer neuen Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln („Sustainable Use Regulation – SUR“) vorgestellt?

Die im Oktober 2020 beschlossene „Farm-to-Fork“-Strategie der EU-Kommission betont die Notwendigkeit eines fairen, gesunden und umweltfreundlichen Ernährungssystems. Sie gibt dafür u.a. das Ziel vor, den Einsatz und das Risiko von Pestiziden bis 2030 zu halbieren.

Aus Sicht der EU-Kommission weisen die bisherigen Regeln zum Einsatz von Pestiziden in der EU jedoch deutliche Schwächen im Vollzug auf. Die EU-Kommission wird darin u.a. durch einen Bericht des Europäischen Rechnungshofs bestätigt. Die EU-Kommission hat daher am 22. Juni 2022 den Entwurf einer Verordnung zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln veröffentlicht – die „Sustainable Use Regulation“ (SUR). Diese neue Pestizid-Verordnung soll die Ziele der „Farm-to-Fork“-Strategie und der Biodiversitäts-Strategie rechtlich verankern.

Mit dieser Verordnung will die EU-Kommission in der EU eine landwirtschaftliche Praxis sicherstellen, die gleichermaßen für eine langfristige Ernährungssicherheit sorgt, die öffentliche Gesundheit und die Umwelt schützt sowie die Artenvielfalt erhält. Die neue Verordnung wird in allen Mitgliedsstaaten direkt verbindlich sein, ohne dass sie durch nationale Gesetze umgesetzt werden muss. Damit soll auch ein „Level Playing Field“ in der EU garantiert werden, also gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle EU-Mitgliedstaaten.

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Wie ist der weitere Prozess?

Mit der Vorlage des offiziellen Verordnungsentwurfs zur Sustainable Use Regulation (SUR), der künftig die bisherige Pflanzenschutzrahmenrichtlinie ablösen soll, beginnen jetzt die Abstimmungsprozesse auf EU-Ebene. Der Rat der EU und das Europäische Parlament werden ihre Positionen prüfen, eine finale Festlegung wird dann im Trilog-Verfahren zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und Rat folgen.

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Welche Bausteine beinhaltet der SUR-Entwurf?

In ihrem Verordnungsentwurf schlägt die EU-Kommission vor, die Verwendung und das Risiko von Pestiziden sowie die Verwendung gefährlicherer Pestizide bis zum Jahr 2030 EU-weit um 50 % zu reduzieren. Mit ihrem Vorschlag will die EU-Kommission das Pflanzenschutzrecht in der gesamten EU harmonisieren. Dazu schlägt die EU-Kommission insbesondere vor:

  • strikte und nachvollziehbare Regeln für die Umsetzung des integrierten Pflanzenschutzes (IPS),
  • ein Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln (PSM) in sogenannten „sensiblen Gebieten“ und
  • Unterstützungsmaßnahmen für Landwirt:innen für den nötigen Übergangszeitraum.

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Wie steht das BMEL zur SUR?

Grundsätzlich begrüßt und befürwortet das BMEL die SUR, insbesondere die von der EU-Kommission angestrebte Senkung des Pestizideinsatzes und die stärkere Harmonisierung innerhalb der EU. Diese Maßgaben der SUR stehen auch im Einklang mit den Zielen des Koalitionsvertrages. Das BMEL teilt das Ziel der EU-Kommission, eine landwirtschaftliche Praxis sicherstellen, die gleichermaßen für eine langfristige Ernährungssicherheit sorgt, die öffentliche Gesundheit und Umwelt schützt sowie die Artenvielfalt erhält.

Bei manchen Punkten sehen wir noch Verbesserungsbedarf und werden im weiteren Verfahren entsprechende Vorschläge unterbreiten. Dies sind

  • eine Definition der „sensiblen Gebiete“, die Schutzgüter und landwirtschaftliche Produktion in Einklang bringt,
  • eine Konkretisierung tragfähiger Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirt:innen und
  • die Berücksichtigung bereits erzielter Reduzierungen im Bereich des Pestizideinsatzes.

Wir werden jetzt die im Verordnungsvorschlag enthaltenen Maßnahmen prüfen und in Abstimmung mit den anderen Ressorts der Bundesregierung Änderungsvorschläge einbringen.

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Welche Auswirkungen werden die vorgeschlagenen Maßnahmen voraussichtlich auf die Produktion haben?

Bei der weiteren Ausgestaltung der Verordnung ist dem BMEL wichtig, dass Pflanzen so geschützt werden, dass negative Nebenwirkungen für Umwelt, Gesundheit und Biodiversität vermieden werden und gleichzeitig die Erträge gesichert bleiben. Hierzu haben wir auch im Koalitionsvertrag ein ambitioniertes Paket von Maßnahmen verankert mit dem Ziel, den Einsatz chemisch-synthetischer Pflanzenschutzmittel deutlich zu senken. Am Beispiel Dänemarks und aus zahlreichen wissenschaftlichen Studien wird deutlich, dass der Einsatz von Pestiziden nennenswert reduziert werden kann, ohne dass Ernten darunter leiden. Die von der EU-Kommission veröffentlichte Folgenabschätzung zum Verordnungsentwurf geht davon aus, dass es aufgrund der Umsetzung des Reduktionsziels und weiterer Fortschritte beim integrierten Pflanzenschutz zu keinen nennenswerten Ertragseinbußen kommen wird.

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Wie sollen Landwirtinnen und Landwirte bei der Umsetzung unterstützt werden?

Die EU-Kommission betont, dass Landwirtinnen und Landwirte im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) dabei unterstützt werden sollen, die durch die neuen Vorgaben der SUR entstehenden Mehrkosten zu stemmen. Hierzu braucht es aus Sicht des BMEL konkrete Festlegungen in der EU-Verordnung, um tragfähige Lösungen zu etablieren. In Deutschland gibt es solche Lösungen bereits für die bestehenden Vorgaben. So hat die Bundesregierung in der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) den Sonderrahmenplan „Maßnahmen zum Insektenschutz in der Agrarlandschaft“ eingerichtet. Die Mittel für diesen Sonderrahmenplan hat das BMEL für 2022 um 65 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro seitens des Bundes aufgestockt. Damit sollen unter anderem die wirtschaftlichen Nachteile ausgeglichen werden, die landwirtschaftlichen Betrieben durch die Beschränkungen des Pestizideinsatzes in bestimmten Schutzgebieten entstehen.

Schon heute unterstützt das BMEL zudem im Rahmen verschiedener Forschungsprogramme zahlreiche Projekte zur Verringerung der Verwendung und des Risikos von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln. Viele der Vorhaben erforschen alternative und biologische Pflanzenschutzverfahren mit dem Ziel, Ausweichmöglichkeiten zu schaffen, die den Erhalt der jetzigen Ertragshöhe gewährleisten. Auch im Rahmen der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 strebt das BMEL an, dass landwirtschaftliche Leistungen zum Erhalt und zur Förderung der biologischen Vielfalt, zum Schutz der Umwelt, des Klimas, des Tierwohls und der natürlichen Ressourcen stärker durch gezielte Maßnahmen gefördert und honoriert werden. Investitionen in die Anschaffung beispielsweise von Hacken, Striegel und präzisere Ausbringstechniken werden ebenfalls unterstützt.

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Warum ist es notwendig, den Einsatz von Pestiziden zu senken?

Pflanzenschutzmittel sind Wirkstoffe zur Abwehr, Regulation und Bekämpfung von Organismen, die die Pflanze schädigen können. Sie können aber auch auf andere Lebewesen und die natürlichen Ressourcen negative Auswirkungen haben. Das gilt auch für zugelassene Pestizide. Pflanzenschutzmittel gelangen in und auf Pflanzen, Tiere und Böden, in die Atmosphäre sowie in Gewässer und Grundwasser. Sie können dort schädliche Auswirkungen in kurzen, aber auch sehr langen Zeiträumen entfalten. Der Einsatz von Pestiziden ist einer der Gründe für das Artensterben, v.a. auch bei (bestäubenden) Insekten.* Das schadet auch der Landwirtschaft selbst. Die Sicherung der Erträge vieler landwirtschaftlicher Kulturen hängt maßgeblich von den „Ökosystemdienstleistungen“ bestäubender Insekten ab.

*Studien hierzu, z.B. „The assement report on pollinators, pollination and foodproductionof the intergovermental science policy platform on biodiversity and ecosystem services“; Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES); „Arthropod decline in grasslands and forests is associated with landscape-level drivers“ (https://www.nature.com/articles/s41586-019-1684-3).

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Warum ist es notwendig, in bestimmten Gebieten keine Pestizide einzusetzen?

Viele Schutzgebiete sind Rückzugsräume für Tiere und Pflanzen. Die Anwendung chemisch-synthetischer Pestizide kann die in Schutzgebieten ansässigen Arten direkt schädigen. Sie kann Arten aber auch indirekt schädigen, indem sie ihnen die Nahrungsgrundlage entzieht. Auch Gewässer sind oftmals nicht ausreichend vor Pestiziden geschützt.

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Welche Alternativen gibt es zum Einsatz chemisch-synthetischer Pestizide?

Eine Blaupause hierfür liefert der integrierte Pflanzenschutz (IPS), der im Übrigen bereits in der EU-Richtlinie über einen Aktionsrahmen der Gemeinschaft für die nachhaltige Verwendung von Pestiziden (2009) und national im Pflanzenschutzgesetz und im Nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln (NAP) verankert ist. Der integrierte Pflanzenschutz kann als eine Kombination von Verfahren beschrieben werden, bei denen unter Berücksichtigung von vorbeugenden, biologischen und weiteren nichtchemischen Maßnahmen die Anwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln auf das notwendige Maß begrenzt wird. Dadurch sollen Risiken für Mensch, Tier und Naturhaushalt, die durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln entstehen können, reduziert werden. Allgemeine Grundsätze für IPS sind in der erwähnten Richtlinie genannt. Dazu zählen unter anderem:

  • Pflanzenkrankheiten durch ackerbauliche Maßnahmen vorbeugen (z. B. durch Fruchtfolge, Sortenwahl, ausgewogene Düngung, Feldhygiene, Schutz und Förderung von Nutzorganismen),
  • nachhaltige und wirksame biologische, physikalische und andere nichtchemische Methoden bei der Bekämpfung von Schadorganismen bevorzugen,
  • die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln und anderen Bekämpfungsmethoden auf ein notwendiges Maß begrenzen,
  • bei der Auswahl von Pflanzenschutzmitteln auf ein enges Wirkungsspektrum und geringe Nebenwirkungen für Mensch und Umwelt achten und
  • bekannte Strategien zur Vermeidung von Resistenzen bei Pflanzenschutzmaßnahmen beachten.

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Werden auch im Ökolandbau Pflanzenschutzmittel eingesetzt?

Im ökologischen Landbau ist der Einsatz von chemisch-synthetischen Pestiziden verboten. Es dürfen lediglich Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die nicht chemisch-synthetisch hergestellt wurden. Auch deshalb strebt die Bundesregierung einen deutlichen Ausbau des Öko-Landbaus an (auf 30 Prozent bis 2030). Dies wird zu mehr Insektenschutz in der Landwirtschaft führen.

Für Öko-Landwirt:innen stehen grundsätzlich präventive, physikalische und biotechnische Maßnahmen im Vordergrund. Dazu gehört etwa der Einsatz von Nützlingen.

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Quelle: „FAQ: EU-Kommissions-Entwurf einer neuen Verordnung zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln“, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Stand: 22.09.2022 (Link)

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