Rede des Abgeordneten Paul Knoblach zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Gesetzes über den gesundheitlichen Verbraucherschutz und das Veterinärwesen (Drucksache 19/3495)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen!
Mir fällt es gar nicht schwer, gleich eingangs festzustellen: Der Gesetzentwurf der Staatsregierung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Bis heute hören wir von der Staatsregierung immer: Es geht voran, ab heute kennen wir die Richtung, und das ist besser. Das Interesse, sich zu Großtierärztinnen und Großtierärzten ausbilden zu lassen, sinkt seit Jahren. Bei der Betreuung landwirtschaftlicher Tierhaltungen gibt es bereits große Lücken im niedergelassenen Bereich. Dabei brauchen wir dringend Großtierärztinnen und Großtierärzte schon allein, um dem Verfassungsziel Tierschutz gerecht zu werden, nicht zu sprechen von den Veterinärämtern.
An dieser Stelle erlaube ich mir eine kleine Rückblende. Im Rahmen von „Bayern-Ei“ sind über Monate, wenn nicht über Jahre schwere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz festgestellt worden, ohne dass das irgendwelche Auswirkungen auf den Betrieb gehabt hätte. Ich verweise außerdem auf die Schlachthöfe in Aschaffenburg und in Hobbach im Kreis Miltenberg, wo es über mehrere Jahre hinweg zu Fehlbetäubungen beim Bolzenschuss an Rindern gekommen ist. Das Arbeitsgerät war so schlecht, dass die Tiere bei vollem Bewusstsein mehrere Bolzenschüsse erhalten haben anstatt nur einem Bolzenschuss.
Aufgedeckt wurden die Tierschutzskandale im Jahr 2023 leider durch illegal erstellte Videos der SOKO Tierschutz, nicht etwa durch behördliche Kontrollen. In Aschaffenburg ist das Veterinäramt unterbesetzt. Welche Amtstierärztin will schon Sonntagnacht an der Schlachtstraße stehen, damit am Montagfrüh frisches Fleisch in der Kühltheke ist? Das gilt nicht nur für Aschaffenburg. Die Veterinärämter sind in ganz Bayern seit Jahren am Limit. Zwar versuchen sie das Verfassungsziel Tierschutz irgendwie zu erfüllen, und alle nehmen das sehr ernst. Die Veterinärverwaltung bettelt jedoch seit Jahren um mehr Stellen, steht bei jedem neuen traurigen Tierschutzversagen im Feuer und muss sich vor Gerichten sogar für die Kontrolldichte rechtfertigen, wie zuletzt im Strafprozess gegen den Landwirt in Rimsting, dessen Kühe zufällig teils tot, teils verwest mit den lebenden zusammen in kniehoher Gülle aufgefunden wurden. Ausfälle durch Elternschaft oder längere Erkrankungen werden nicht ersetzt. Die Springerstellen, die es an den Regierungsveterinärämtern in Bayern gab, wurden in der jüngeren Vergangenheit abgeschafft – warum auch immer. Falsch war es allemal.
Die Kontrolldichte bei landwirtschaftlichen Tierhaltungen in Bayern ist im Vergleich zu anderen Bundesländern dramatisch niedrig. In Bayern findet rechnerisch nur etwa alle 48 Jahre eine Tierschutzkontrolle in einem landwirtschaftlichen tierhaltenden Betrieb statt. Dies ist die längste Zeitspanne zwischen Kontrollen im Vergleich aller Bundesländer. In anderen Worten: Bayern ist wohl eher das Schlusslicht als das Gegenteil.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Bayern kämpft seit Jahren für mehr Stellen in den Veterinärämtern und auch für einen Ausbildungsbooster bei den Großtierärztinnen und Großtierärzten. An dieser Stelle muss man eigentlich gar nicht gendern; denn das Studium wird seit Jahren weiblicher und konzentriert sich immer mehr auf Haustiere. Genauso wie in der Humanmedizin ist es schwierig genug, die Landtierarztpraxen an den Nachwuchs zu übergeben, geschweige denn Großtierpraxen. Es braucht mehr Studienplätze und starke Anreize, um diese seit Jahren verschlafene Situation besser zu machen, nicht erst für Studienbeginnerinnen und Studienbeginner, sondern für alle Studierenden – jetzt.
Die jetzige Lage hat sich seit Jahren angebahnt. Ende des Jahres 2015 – wir erinnern uns – beauftragte die Bayerische Staatsregierung den Bayerischen Obersten Rechnungshof mit der Erstellung eines Gutachtens zur Verbesserung der Strukturen und Organisation des Veterinärwesens und der Lebensmittelüberwachung in Bayern.
Der ORH legte am 12. Februar 2016 ein 178-seitiges Gutachten vor, das vernichtende Kritik enthielt. Ich zähle nur ein paar Punkte auf. Das ist leider nicht mehr möglich – schade. Seitdem ist nichts passiert, außer einer Ministerienrochade unseres Populismusbeauftragten Aiwanger.
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