Buntes Bündnis fordert: „Der III. Weg muss weg“

Warnten bei einer Infoveranstaltung des Bündnisses „Schweinfurt ist bunt“ vor dem III. Weg: (von links) Felix Balandat von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern, der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus Cemal Bozoglu und Paul Knoblach, beide Landtagfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: Hannes Helferich
Warnten bei einer Infoveranstaltung des Bündnisses „Schweinfurt ist bunt“ vor dem III. Weg: (von links) Felix Balandat von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern, der Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus Cemal Bozoglu und Paul Knoblach, beide Landtagfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Foto: Hannes Helferich

Rund 150 Bürger*Innen bei der von MdL Paul Knoblach initiierten Infoveranstaltung

Als das sogenannte „Freie Netz Süd“ ausgerechnet am 1. Mai 2010 Schweinfurt als Ort für einen rechtsextremen Aufmarsch ausgesucht hatten, stellten sich über 10.000 Bürger*innen aus Stadt und Landkreis Schweinfurt dagegen. Organisiert hatte die machtvolle Demonstration für Demokratie und Toleranz das damals ins Leben gerufene Bündnis „Schweinfurt ist bunt“. Bei allen weiteren Versuchen von Nazis, sich in der Stadt oder im Landkreis festzusetzen, hielt das bunte Bündnis erfolgreich dagegen. Das ist auch das Ziel für ein Ende Oktober im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf eröffnetes Büro der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“.

Bei einer vom Bürgerverein Oberndorf unterstützten Informationsveranstaltung von „Schweinfurt ist bunt“ erklärte Marietta Eder als eine der drei Bündnissprecher: „Das Büro und der Dritte Weg müssen weg“. Deutlich formulierte auch der Grüne Landtagsabgeordnete Paul Knoblach, der die Veranstaltung initiiert hatte: „Wir wollen den braunen Schmutz loshaben“.

In Hilchenbach, einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, ist das bereits gelungen: Die Stadt hat das dort an den III. Weg vermietete Haus aufgekauft, die Nazis haben damit ihr Büro verloren. Die von Eder verkündete Nachricht war dann wohl auch mit ein Grund für die vielen Ideen der Bürger*innen zur Frage, auf welche Weise man die Nazis auch in Schweinfurt erneut los wird.  Rund 150 Bürger*innen sind ins Vereinsheim des TV Oberndorf gekommen, auch das ein Zeichen.

Angedacht sind Mahnwachen und Plakataktionen, eine umfassende Aufklärung der Bürger mittels Flyern und eine von möglichst vielen Gemeinden, dem Kreis- und Stadtrat von Schweinfurt unterstützte weitere Resolution. Den Nazis und damit auch dem Vermieter der Räume soll auf diese und weitere Weise klar gemacht werden: „Ihr habt hier keine Chance“.

Was hinter der rechtsextremen Gruppierung steckt, darüber sprachen eingangs der Knoblach-Kollege Cemal Bozoglu und Felix Balandat von der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS). Bozoglu ist in der Grünen Landtagsfraktion Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus und Mitglied im zweiten bayerischen Untersuchungsausschusses NSU. „Es ist keine Partei, sondern eine Kaderorganisation,“ so Bozoglu, der deutlich machte, dass die Ideologie der 2013 in Nachfolge des Freien Netz Süd unter Mitwirken von NPD-Akteuren gegründeten Partei große Parallelen zum Programm der NDSAP aufweist. Einige, wie der bei der Eröffnung in Schweinfurt anwesende Bundesvorsitzende Matthias Fischer, hatten Kontakte zur rechten Terrorgruppe NSU.

Bundesweit gehören dem „III. Weg“ laut Verfassungsschutz 600 auch gewaltbereite Mitglieder an, 160 davon in Bayern, bis zu 30 werden dem „Stützpunkt Mainfranken“ zugerechnet. Bozoglu erinnerte an zwei leider erfolglose Verbotsanträge der Grünen 2017 und 2021. Wenn sich die Forderung aus der Zivilgesellschaft heraus lautstark wiederholt, sieht er gute Chancen für ein Parteiverbot.

Der Antisemitismus ist laut Felix Balandat von der RIAS die grundlegende Ideologie der Partei. Alles vermeintlich Böse werde als jüdisch angesehen, weshalb das Ziel letztlich die Vernichtung allen jüdischen Lebens sei. „Dass das möglich ist, wissen wir aus der Geschichte“, erklärte Balandat, der Antisemitismus allerdings auch als kein reines Neonazi-Phänomen darstellte. Er untermauerte das mit einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, wonach ein Viertel der bundesdeutschen Bevölkerung, das sind 21 Millionen Menschen, denken, Juden hätten zu viel Einfluss. Auch auf Corona-Kundgebungen in Schweinfurt habe es eindeutig antisemitische Redebeiträge gegeben.

Unbeantwortet blieb in der teils leidenschaftlich geführten Diskussion die Frage eines Bürgers, ob beim Vermieter statt der Mieteinnahme nicht eher Sympathie mit den Inhalten der Rechtsextremen im Vordergrund stehe. Eder wusste lediglich zu berichten, dass der Vermieter auf den Offenen Brief des bunten Bündnisses mit der Forderung, das Mietverhältnis zu beenden, nicht reagiert habe.

Angst spielt eine Rolle. Eine Bürgerin machte keinen Hehl daraus, als sie berichtete, die Straßenseite zu wechseln, um nicht am Parteibüro in der Hautstraße 16 vorbeilaufen zu müssen. Immer wieder finden sich Flyer in den Briefkästen der Oberndorfer. Julia Beinder von der Bayerischen Informationsstelle gegen Extremismus forderte dazu auf, sie und die Behörden darüber zu informieren. Weil der „III. Weg“ Anfang Dezember in Schweinfurt eine Jugendgruppe gegründet hat, hat Beinder schriftlich alle Schulen darüber informiert und gewarnt.

„Der III. Weg steht für Rassismus, Antisemitismus und Intoleranz, wir dürfen nicht zulassen, dass die hier Fuß fassen und ihre Hassparolen verbreiten“ so sagten es die Bürgervereins-Vorsitzende und Oberndorfer SPD-Stadträtin Marianne Prowald und Knoblach in Schlussworten. Der MdL aus Garstadt regte eine neue, von der lokalen Politik unterstützte Schweinfurter Erklärung an. Eine solche weitere Resolution sei ein starkes Zeichen nach innen und an die Adresse der Nazis, dass man sie hier nicht haben will. Knoblach informierte abschließend über eine umfassende Anfrage von ihm und Bozoglu zu diesem ersten Parteibüro des III. Wegs in Bayern. Sobald die 23 Fragen beantwortet sind, werde er die Öffentlichkeit über die Reaktion der Staatsregierung auf dieses erste Parteibüro des III. Weg in Kenntnis setzen

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