Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Paul Knoblach, Gülseren Demirel, Thomas Gehring, Jürgen Mistol, Verena Osgyan, Tim Pargent, Gisela Sengl, Dr. Markus Büchler, Patrick Friedl, Christian Hierneis, Rosi Steinberger, Martin Stümpfig, Hans Urban, Christian Zwanziger und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schlachtung und Verarbeitung I: Einrichtung einer zentralen Tiergesundheitsdatenbank
Der Landtag wolle beschließen:
Die Staatsregierung wird aufgefordert,
- eine zentrale Tiergesundheitsdatenbank einzurichten, in der Daten der amtlichen Fleischbeschau, der Schlachttier- und Fleischuntersuchung, der Sektionsbefunde von Tierkörperbeseitigungsanstalten sowie Daten aus Lebensmittel- und Tierschutzkontrollen, zu Tierarzneimittelgaben und Mortalitätsraten und Leistungsdaten zusammengeführt, verknüpft und ausgewertet werden können und für die behördliche Arbeit nutzbar gemacht werden,
- die erhobenen Daten darüber hinaus in anonymisierter Form für die systematische Auswertung nutzbar zu machen für beispielsweise Forschungsinstitute, um Tierschutzindikatoren gezielt erheben und auswerten zu können,
- in einen Austauschprozess mit den Regierungen anderer Bundesländer einzutreten, um langfristig die Harmonisierung der Tiergesundheitsdatenbanken mit anderen Ländern anzustreben,
- Fortbildungen für Veterinäre unter Einbindung des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF), des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) und des Bundesamts für Güterverkehr (BAG) für Fleischhygiene und Tierschutz zu entwickeln, um einen Gleichklang bei der Erfassung tierschutzrelevanter Bestände zu ermöglichen.
Begründung:
Tiergesundheit ist untrennbar mit Tierwohl und Lebensmittelsicherheit verbunden. Landwirte und Tierärzte sind maßgeblich für Gesundheit und Wohlbefinden der Nutztiere sowie die Qualität tierischer Produkte verantwortlich.
Von beiden Gruppen werden bereits zahlreiche Informationen dokumentiert, die geordnete Zusammenführung dieser Daten in einer gemeinsamen Datenbank hingegen fehlt, weshalb das große Potenzial dieser Daten im Kontext des Tierschutzes und der Lebensmittelsicherheit bisher nicht genutzt werden kann. Dabei wird von Fachleuten seit Jahren die Relevanz der Einführung einer zentralen Tiergesundheitsdatenbank zur besseren Überwachung der Tierkontrolle und des Antibiotikaeinsatzes immer wieder betont.
Hierbei sollen in erster Linie bereits vorhandene Daten aus bestehenden Dokumentationspflichten des Lebensmittel-, Tierschutz-, Tierarzneimittel- und Tiergesundheitsrechts, dem Antibiotikamonitoring, von Schlachthofbefunden und Mortalitätsraten sowie Leistungsdaten der Tierbestände zusammengeführt und besser nutzbar gemacht werden. Denn Amtstierärztinnen und –ärzte an Schlachthöfen brauchen für die Risikobeurteilung Informationen aus dem Tierbestand und praktizierende Tierärztinnen und –ärzte sowie Tierhalterinnen und –halter benötigen für die Evaluierung der eigenen Arbeit Schlachttierbefunde. Besonders wichtig sind tierschutzrelevante Befunde aus Schlachthöfen und Tierkörperbeseitigungsanstalten – sie führen zu einem Überblick über die Tiergesundheit und weisen auf Probleme der Haltungsformen in Bayern hin. Die Zusammenführung der vorhandenen Daten führt also zu enormen Effizienzgewinnen.
Die fachlichen Anforderungen an die Tiergesundheitsdatenbank sollen in Zusammenarbeit mit den Veterinärämtern, Wissenschaftlern und Vertretern von Fachverbänden festgelegt werden. Die Datenbank sollte allen Beteiligten einen unkomplizierten Zugriff auf erforderliche Informationen bieten. In der Folge sind einzelbetriebliche Beurteilungen und Beratungen möglich.
Eine zentrale Tiergesundheitsdatenbank verfolgt somit das Ziel eines besseren Managements der Tierschutzkontrollen durch effizienteren Personaleinsatz der zuständigen Behörden und kann als Frühwarnsystem zur Verbesserung der Tiergesundheit dienen. Denn die zusammengeführten Daten der zentralen Datenbank geben gezielt Hinweise auf mögliche Schwachstellen in der Hygiene, den Haltungsbedingungen sowie dem Bestandsmanagement.
Auf diese Weise können Betriebe mit Tierschutzproblemen schneller identifiziert, intensiver betreut und ihnen geholfen werden. Auf der anderen Seite kann Betrieben rückgemeldet werden, wie sie im Durchschnitt der anderen Betriebe bewertet werden – autorisierte Nutzer (Tierhalter und Tierarzt) können die anonymisierten Daten für einen Vergleich ihres Betriebs oder ihrer Praxis mit anderen, gleichgelagerten Betrieben oder mit sich selbst im zeitlichen Verlauf nutzen. So entstehen Anreize zur Reflexion und Verbesserung.
Neben den genannten Vorteilen ist eine zentrale Tiergesundheitsdatenbank außerdem für ein funktionierendes Antibiotikamonitoring ein wichtiger Schritt zur Reduktion und damit auch zur Vorbeugung von Antibiotikaresistenzen. Denn „Vielverbraucher und Vielverschreiber“ können identifiziert werden. Es wird eine qualitative und quantitative Bewertung des Arzneimitteleinsatzes möglich.
Die Überwachung der Tiergesundheit obliegt den Ländern, weshalb die Erstellung einer zentralen Tiergesundheitsdatenbank in die Kompetenz der Staatsregierung fällt. Zur besseren Abstimmung mit anderen Bundesländern ist ein intensiver Austausch zum Tiergesundheitsmonitoring und ein Harmonisierungsprozess unerlässlich.
Am Ende muss eine Verbesserung des Monitorings auch eine Verbesserung der Haltungsbedingungen der Nutztiere beinhalten, tiergerecht und angepasst an natürliche Bedürfnisse.