Namhafte Grüne fordern bei Begehung des Roten Moors in Hessen endlich auch aktive Schritte beim Schwarzen Moor
Geführt von Vertretern des NABU Hessen und des Biosphärenreservates Rhön hat eine namhafte Grüne Delegation mit der Europaabgeordneten Jutta Paulus (Kaiserslautern), den beiden hessischen MdL Martina Feldmayer und Vanessa Gronemann sowie Paul Knoblach von der bayerischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen an der Spitze die beachtlichen Fortschritte bei der Rettung des Roten Moores begutachtet. Thema war beim „Spaziergang“ natürlich auch das nur wenige Kilometer entfernte Schwarze Moor auf bayerischer Seite, wo sich laut Knoblach „wegen einer lächerliche Kompetenzstreitigkeit“ zwischen dem Umwelt- und Landwirtschaftsministerium seit Jahren trotz dringender Notwendigkeit nichts tut. „Das ist Trauerspiel ohnegleichen und zeigt den Wert, den die bayerische Staatsregierung dem so wichtigen Klima- und Umweltschutz beimisst“, sagte Knoblach.
Auch die Europaabgeordnete, Naturwissenschaftlerin und Autorin einer viel beachteten Moorfibel, Jutta Paulus, zeigte für den Stillstand beim Schwarzen Moor kein Verständnis. Das zumal es sich dabei um eine so genanntes „lebendiges Moor“ handelt, das unter einem ganz besonderen Schutz steht. Paul Knoblach, MdL forderte deshalb die beiden verantwortlichen bayerischen Minister*innen Manuela Kaniber und Thorsten Glauber zu einem sofortigen Handeln auf.
Mit Start am NABU-Haus Moorlinden/Gersfeld erläuterten auf dem drei Kilometer langen Rundweg Torsten Raab (Geschäftsführer Naturpark Hessische Rhön), der neue hessische NABU-Landesvorsitzende Maik Sommerhage und Ranger Jan Knittel (Biosphärenreservat Rhön) die schon erfolgten und noch anstehenden Arbeiten zur Wiedervernässung und Renaturierung im Roten Moor. Wie viele andere Moore ist auch das Rote Moor in Zeiten des Klimawandels durch zunehmende Trockenheit und Wasserabflüsse bedroht – auch als Folge des jahrzehntelangen Torfabbaus. Dort wird aber im Gegensatz zum Schwarzen Moor gehandelt.
Um das Moor als CO₂-Speicher und damit wertvollen Lebensraum und die Artenvielfalt zu erhalten, haben in diesem Sommer im Rahmen des Klimaplans Hessen 2030 umfangreiche Maßnahmen zur Renaturierung und Wiedervernässung im Bereich Hochmoor stattgefunden. Rund 140 ehrenamtliche Helfer aus ganz Deutschland waren tätig, rammten auf etwa 500 Meter Länge Spundbretter per Hand in den Boden, verkleideten alles mit einer Mischung aus Torf und Holzhackschnitzeln, um das Wasser zu halten.
Anfang Juli liefen dann im zweiten Bauabschnitt auch Arbeiten im sogenannten Leegmoor, dem abgetorften Bereich des Moores an. Hier wurden auf einer Länge von 200 Metern von einer Firma Stahlspundwände mit dem Bagger eingedrückt, mit denen der Abfluss reduziert und Wasser aufgestaut werden soll. Damit soll nicht nur das sogenannte Schwingrasenmoor erhalten, sondern im Idealfall neues Moorwachstum initiiert werden.
Die Arbeiten im Moor erfolgten im Auftrag der Oberen Naturschutzbehörde beim Regierungspräsidium in Kassel. Beteiligt ist auch das Biosphärenreservat Rhön. Die Kosten aller Maßnahmen inklusive der vorherigen Gutachten liegen bei rund einer halben Millionen Euro. „Das Mautdebakel von Scheuer hat 240 Millionen Euro gekostet“, merkte Knoblach an, um zu verdeutlichen, wie günstig Moorschutz zu machen ist.
Der Schweinfurter Abgeordnete verwies in der hessischen Rhön einmal mehr auf die Gutachten der beiden Moorexperten Professor Michael Succow und Professor Giselher Kaule, die das Schwarze Moor „als bereits heute irreversibel verändert“ ansehen. Sie hätten auch die Wege für eine so dringend notwendige Radikalkur zur Stabilisierung des Wasserhaushaltes aufgezeigt. „Das ist im Schwarzen Moor nicht anders als im Roten Moor, aber in Bayern setzt sich der Tiefschlaf leider fort“, bedauerte Knoblach.
Er nannte die weiteren hydrologischen und vegetationskundlichen Gutachten „einfach nicht nötig, da geht es nur um Rechthaben, obwohl es dringend geboten wäre, unsere ganze Aufmerksamkeit diesen stillen Klimahelden zu widmen“. Moore sind nicht nur Kohlenstoffspeicher, sondern sind auch unverzichtbar für den Erhalt der Artenvielfalt. „Wir müssen jetzt handeln, um den Biodiversitätskollaps zu stoppen“, forderte der MdL.
Denn: Moore und Klima hängen zusammen. In Deutschland sind aber 95 Prozent der Moore entwässert, das heißt, sie sind für den Laien nicht mehr als Moore erkennbar, es sind Kuhweiden oder Ackerland. Entwässert man den Boden, entweicht dieser Kohlenstoff permanent in die Atmosphäre, in rauen Mengen. 7,5 Prozent aller Treibhausgase in Deutschland stammen aus entwässerten Mooren, 53 Millionen Tonnen jedes Jahr. Aber: Die Moore liefern die Lösung gleich mit. Sobald man die Böden nämlich wieder vernässt, also den Wasserstand anhebt, wird kein Kohlendioxid mehr freigesetzt. Durch die Wiedervernässung von Mooren lässt sich also auf einer relativ kleinen Fläche ein sehr großer Nutzen fürs Klima erzielen.
Auch deshalb, so Knoblach, ist die Bedeutung von nassen Mooren für den Klimaschutz ist wieder stärker in das Bewusstsein von Politik und auch Forschung gerückt. Im vergangenen Jahr beschloss die Ampel-Regierung eine nationale Moorstrategie, in deren Zentrum die Wiedervernässung von trockengelegten Mooren und Moorböden steht. Das EU-Parlament hat jüngst ein Renaturierungsgesetz mit dem Ziel beschlossen, ein Fünftel der Unionsfläche bis 2030 wieder in natürlichen Zustand zu bringen. Einen besonderen Fokus legt das Gesetz dabei auf Moorgebiete. Nicht nur für Knoblach ist das Zuwarten beim Schwarzen Moor deshalb „schwer verständlich“. Der grüne MdL forderte in diesem Zusammenhang die Installation von Moormanagern*Innen, wie das einige Landratsämter schon praktizierten.
Das Rote Moor
Mit 50 Hektar Fläche ist das Rote Moor nach dem Schwarzen Moor (66 Hektar) das zweitgrößte Hochmoor in der Rhön. Das in der Gemarkung der Stadt Gersfeld liegende Moor ist Teil des 315 Hektar großen Naturschutzgebietes Rotes Moor. Es entstand vor rund 12.000 Jahren und entwickelte eine Mächtigkeit von zehn Metern, die inzwischen auf etwa fünf Meter geschrumpft ist. Der Abbau von Torf zu Heizzwecken und später auch für die Belieferung von Badestädten begann 1809 und endete 1984. Bereits fünf Jahre zuvor, 1979, wurde der Bereich als Naturschutzgebiet ausgewiesen, erste Maßnahmen zur Renaturierung liefen an. Das Moor wird durch einen drei Kilometer langen Rundweg touristisch erschlossen. Davon verlaufen 1,2 Kilometer auf einem Bohlenpfad, der zu einem Aussichtsturm führt.
Weitere Informationen finden Sie auch im Artikel „Grüner Knoblach kritisiert Moorschutz in der Rhön: Warum geht in Hessen, was in Bayern nicht geht?“ der Mainpost.