600.000 Hektar Wald sind der Klimakrise zum Opfer gefallen
Niklas Wagener liebt den Wald. Bei jeder seiner Schilderungen im Naturschutzgebiet Garstadter Holz spüren das die Naturfreunde, die der Einladung des Schweinfurter Landtagsabgeordneten Paul Knoblach „in meinem Heimatwald“ gefolgt sind. Wagener (25) hat Forstwirtschaft studiert, gehört seit 2021 als dritt jüngster Abgeordneter dem Bundestag an, wo er als Mitglied im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft viel mit dem Thema Wald zu tun hat. „Unser Wald befindet sich in einer nie da gewesenen Situation, 600.000 Hektar sind in den vergangenen Jahren der Klimakrise zum Opfer gefallen und müssen nun dringend wieder aufgeforstet werden“, sagt Wagener. „Das ist vielen Menschen noch nicht bewusst oder sie ignorieren es“, ergänzt Knoblach. Auch im 51 Hektar großen Garstadter Holz ist Eschentriebsterben zu sehen. Viele dieser mächtigen Bäume sind ohne Laub und sterben ab.
Folgen der Klimakrise sind unter anderem der Borkenkäfer, Windwürfe, Waldbrände, verursacht durch die Trockenheit, gerade in Frankenland. Insofern freut sich Wagener, dass eine naturgemäße Bewirtschaftung längst wieder im Fokus vieler Forstleute steht, „dafür haben wir uns als Grüne stets eingesetzt“, sagt er. Wichtig sei hierbei auch das vom Grünen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir durchgesetzte 900 Millionen Euro-Förderprogramm für ein klimaangepasstes Waldmanagement. Förderung erhalten private und kommunale Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer, die ihren Wald krisenfest machen. So sind beispielsweise Kahlschläge verboten, beim Aufbau neuer Wälder müssen überwiegend standortheimische Baumarten gepflanzt werden und in großen Wäldern wird Raum für die natürliche Waldentwicklung gegeben.
Priorität Nummer eins ist für den Forstwirtschaftler insofern, die vorhandenen Waldflächen zu erhalten, zweite Priorität, möglichst viele Laubbäume einbringen. „Statt dabei auf unbekannte Bäume zu setzen, ist mir beispielsweise die Buche lieber, die wächst auch in Mitteleuropa bis hin zum Mittelmeerraum“, sagt Wagener. Den Errungenschaften einer besonders naturgemäßen Bewirtschaftung unserer Wälder werde darüber hinaus mit der Novellierung des Bundeswaldgesetzes Rechnung getragen. „Der Waldumbau hin zu einem artenreichen Mischwald ist Grundvoraussetzung, um in Zukunft überhaupt noch planmäßig im Wald wirtschaften zu können“, sagt Wagener. Notwendig sind zehn Prozent Prozessschutz und 90 Prozent naturnahe, selektive und integrative Bewirtschaftung. „Demut vor der Natur“, sagte der grüne MdB und forderte in diesem Zusammenhang einen Nationalpark im Steigerwald. Wagener: „Schlimm, wie die bayerische Staatsregierung mit diesem Thema umgeht“.
Aber es ist nicht nur der Klimawandel, der den Wäldern zu schaffen macht. Vielerorts lebten auch zu viele Rehe, die dafür sorgen, dass die jungen Tannen, Buchen und andere Laubbäume kaum hochkommen. Die Triebe der jungen Bäume sind Leckerbissen für die Rehe, sie fressen sie in rauen Mengen. Wenn junge Bäume über mehrere Jahre „verbissen“ werden, ist das Risiko groß, dass sie absterben. Laut den alle drei Jahren angefertigten Forstlichen Gutachten der staatlichen Forstverwaltung ist der Verbiss enorm. Das aktuelle stammt von 2021. In der Hälfte der 750 Hegegemeinschaften in Bayern und ganz speziell in unserer Region ist der Verbiss so massiv, dass die Jäger mehr Rehe erlegen müssten, um die Waldschäden zu senken und so den Aufbau stabiler Mischwälder zu ermöglichen.
Das Schlusswort widmete Wagener dem geplanten Gebäudeenergiegesetz. Es enthält nach Vorschlägen auch von ihm nun sehr konkrete Verbesserungen auch bezüglich des heiß diskutierten Heizens mit Holz. „Es bleibt künftig sowohl bei Neubauten als auch bei Bestandsbauten möglich“, sagte Wagener – freilich unter Hinweis darauf, dass Holz nach wie vor nur begrenzt verfügbar ist. „Im Interesse des Waldes müssen wir übermäßigem Einsatz nicht nur bei der Wärmeversorgung vorbeugen, beispielsweise auch beim Papierverbrauch belegt Deutschland einen Spitzenplatz“. Das war zugleich eine Werbung für mehr Digitalisierung.
Erklärungen zum Naturschutzgebiet neben Main und KKG und zum angrenzenden Vogelschutzgebiet Garstadt lieferte Knoblach – inklusive Anekdoten aus seiner Jugendzeit, die er viel in der dortigen Natur verbrachte.